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HALBE STADTgeschichte

Halbe Stadt – mehr als nur eine Straße! In den 1970er Jahren wurde auf Frankfurts Oderhängen ein neuer zentraler Wohnkomplex errichtet. Dieser reicht vom Poetensteig bis zu den Pablo-Neruda-Blöcken sowie zwischen Allende-Höhe/Bruno-Peters-Berg und Thomas-Müntzer-Hof/Rote Kapelle/Franz-Mehring-Straße. 

Baukulturell weist der Wohnkomplex typische Merkmale von Großwohnsiedlungen der DDR auf: die Wohngebäude sind unter anderem in der weit verbreiteten Typenserie P2 errichtet und die Kaufhallen und Schulen des Typs Erfurt sind andernorts in Ostdeutschland auch heute noch zahlreich zu finden. Ein eigenes Komplexzentrum mit zusätzlichen Geschäften und Dienstleistungen erhielt das Wohngebiet nicht. Denn – hier liegt eine Besonderheit – die Stadtplaner:innen konzipierten es in enger funktionaler und infrastruktureller Verzahnung mit dem anliegenden Stadtzentrum. Und zwar auch deshalb, um das noch kriegsgeschädigte Zentrum zu stärken und zu beleben. Der Name Halbe Stadt, angelehnt an den gleichnamigen östlichen Straßenzug, ist in Bezug auf die Innenstadt fast wörtlich zu verstehen, denn sie bot Platz für mehr als 8.000 Menschen.

Gleichzeitig sollte das Bauprojekt am exponierten Standort eine willkommene Gelegenheit sein, die Silhouette Frankfurts „sozialistisch“ umzugestalten, wenn nicht gar zu überformen. Dass das ambitionierte Bebauungsprojekt mit ausschließlich vielgeschossigen Gebäuden wie geplant umgesetzt werden konnte, war angesichts wirtschaftlicher Engpässe und Materialknappheit in der DDR keine Selbstverständlichkeit. Auffällig sind außerdem die vielen anliegenden und direkt benachbarten Altbauten. Einige alte Bäume gibt es auch. Denn beim teilweisen Bebauen des alten Friedhofs, heute Kleistpark, wurde für damalige Verhältnisse außergewöhnlich viel Grün erhalten.

Wie kein anderes eignet sich dieses Gebiet, um den baukulturellen Wandel und verschiedene Zeitschichten zu diskutieren. Es ist die einzige Großwohnsiedlung der Stadt, in der nach 1989 keine Wohnungen abgerissen wurden. Die zentrale Lage und wichtige infrastrukturelle Funktion bewahrten es vor dem Abbruch im Rahmen des Stadtumbau Ost. Aber das Gebiet hat sich dennoch verändert. Weniger junge und mehr alte Menschen, Verfall und Sanierung von Gebäuden, weniger Gemeinschaft und mehr Zugezogene? So scheint es auf den ersten Blick, aber auf den zweiten? Das Projekt „HALBE STADTansichten“ wirft einen Blick hinter die Fassaden, ermittelt im Dialog Einsichten in das Leben in diesem Stadtviertel und fragt nach Aussichten für die Zukunft.